Dissertationsprojekt Luis Schäfer
Eigen gedicht wer mir zeschwer / Latin zetủtschen ist min ger
Übersetzen als philologische und kulturelle Praxis am Beispiel des Antikenromans
Übersetzungen stellen das Produkt einer genuin philologischen Praktik dar, da sie auf einer intensiven Auseinandersetzung mit ihren jeweiligen Ausgangstexten fußen sowie auf eine spezifische Überlieferungstradition einerseits zurückgreifen, andererseits aber diese auch fortschreiben. Dabei wohnt einer Übersetzung nicht nur ein sprachlich-philologisches Moment inne, sondern beinhaltet auch einen kulturellen Translationsprozess: Inwiefern werden Elemente älterer Text als fremd wahrgenommenen? Erscheinen sie in der Übersetzung unkommentiert, erläutert oder getilgt?
Wie sich mittelhochdeutsche Texte einerseits als Übersetzungen im Spannungsfeld einer narratologischen Selbstbestimmung inszenieren, welche Praktiken sie andererseits dabei an den Tag legen, soll für den Antikenroman anhand des Apollonius- und des Trojaromans untersucht werden, um daran anschließend jenen Umgang mit Alterität analysieren zu können. Durch die Untersuchung dieser beiden Traditionslinien des Antikenromans kann die Entwicklung eines mittelalterlichen Konzepts von Übersetzung von der Zeit um 1200 bis Mitte des 15. Jahrhunderts nachverfolgt werden: Herborts von Fritzlar Liet von Troje und Konrads von Würzburg Trojanerkrieg zeichnen sich durch ganz eigene Kompilationstechniken in der Nachfolge Benoîts de Sainte-Maure aus; an letzteren schließt die anonyme Fortsetzung als Weitererzählung an, wie sich auch Heinrichs von Neustadt Apollonius als Weitererzählung der spätantiken Historia Apollonii regis Tyri unter Ausgestaltung ganz eigener Erzählstränge verstehen lässt. Als dritte Etappe soll nachvollzogen werden, wie sich das Übersetzungskonzept der Trojabücher sowie Heinrich Steinhöwels und des Leipziger Apollonius an den entsprechenden Begriff der frühen Neuzeit annähert.
Betreuerinnen: Prof. Dr. Beate Kellner (LMU), Prof. Dr. Claudia Wiener (LMU)